Rede auf Solidaritäts-Kundgebung mit Israel und allen Jüdinnen und Juden

Liebe Anwesende!
Vor 80 Jahren wurden Jüdinnen*Juden industriell vernichtet und kein Staat kämpfte für ihren Schutz. Erst seit 1948 gibt es einen Staat, der Jüdinnen*Juden vor Antisemitismus Sicherheit bietet. Diese Sicherheit hat die Terrororganisation Hamas am 7. Oktober grausam in Frage gestellt. In einer Zeit, in der Antisemitismus global immer gewaltvoller auftritt. In einer Zeit, in der viele Jüdinnen*Juden bereits nach Israel geflohen sind, oder mit diesem Gedanken spielen. Warum musste die Weltgemeinschaft erst schreckliche Massaker, Vergewaltigungen und Verschleppungen sehen, um zu begreifen, dass die Hamas ihre Vision von der Vernichtung jüdischen Lebens auch umsetzen wird?

Wir müssen zugeben: Im Kampf gegen den globalen Antisemitismus haben wir in den letzten Jahrzehnten versagt. Nach Halle hatten wir versprochen, dass wir keine Zeit mehr verlieren. Doch schnell waren Maßnahmen gegen Antisemitismus wieder ein Randthema. 

An alle Demokrat*innen möchte ich appellieren: Es ist an der Zeit, dass wir endlich aufhören mit den ausgelutschten Floskeln. Die traurige Wahrheit ist doch: Antisemitismus hat hier sehr wohl seinen Platz – und wenn wir so weiter machen wie bisher – wird er immer größer!
Es ist an der Zeit, die Betroffenen von Antisemitismus ernst zu nehmen, statt ihnen zu unterstellen, empfindlich zu sein. Es ist an der Zeit, dass wir über Antisemitismus nicht erst sprechen, wenn jüdische Einrichtungen mit Molotowcocktails beworfen werden, wenn jüdische Kinder nicht mehr zur Schule gehen können oder wenn Häuser mit Davidsternen markiert werden.

Jetzt gilt es, entschlossen an der Seite aller Israelis zu stehen. Jetzt gilt es den jüdischen Staat dabei zu unterstützen, die rund 200 Geiseln aus dem Gaza-Streifen zu retten und die Strukturen der Hamas endgültig zu zerschlagen. Jetzt gilt es vehement all jenen zu widersprechen, die diesen Terror relativieren!

Wir alle waren bestürzt über Jubelfeiern auf deutschen Straßen. Zur Feier des Angriffes wurden Süßigkeiten verteilt. Wer aber jetzt behauptet, Antisemitismus wäre ein rein muslimisches Problem oder sogar denkt, man könnte den Antisemitismus abschieben, der hat die Lage nicht begriffen.

Während Jüdinnen*Juden auf der ganzen Welt um ihre Sicherheit bangen, müssen wir beobachten, wie ganze Teile der sonst so progressiven Kunst- und Kulturszene ihre Solidarität mit der Hamas in die Welt posaunen und wie öffentlich von einem angeblichen „Genozid an den Palästinensern“ gefaselt wird. Queere Aktivisti*innen skandieren Slogans wie „Queers for Palestine“, während bekannterweise offen schwule Männer im Gazastreifen ermordet werden. Feministische Gruppen und Vorkämpfer*innen schreien „Free Palestine“, obwohl Frauenrechte im Gaza Streifen mit Füßen getreten werden. Die internationale Umwelt- und Klimabewegung demonstriert vor den Augen der Welt, dass sie sich auf antisemitischen Irrwegen befindet. Gruppen, wie Amnesty International oder Human Rights Watch, die sonst so vehement für Menschenrechte eintreten, verschließen die Augen vor den grauenvollen Verbrechen an Israelis.
Was auf den ersten Blick nur absurd und abstoßend erscheint, kann durch eines erklärt werden: Weit verbreiteter, tiefsitzender, viel zu lange ignorierter Antisemitismus.

Liebe Anwesende, es ist an der Zeit, diese Kontinuitäten zu benennen und uns allen Antisemit*innen entschieden entgegenzustellen! Auch in der Vergangenheit waren es intellektuelle und kulturelle Eliten, die dazu beigetragen haben, Antisemitismus in Deutschland zu normalisieren. Heute werden sie zusätzlich unterstützt durch die Propaganda-Maschine der Hamas, die gerade soziale Netzwerke mit Desinformation flutet. Wir stehen heute hier, weil wir das nicht weiter zu lassen werden!

Lasst uns heute ein Zeichen setzen: Wir stehen an der Seite all jener, die um Freund*innen oder Familie in Israel bangen oder trauern. Wir stehen an der Seite der mutigen israelischen Soldat*innen, die in den nächsten Wochen in gefährlichen Einsätzen Geiseln befreien und die Hamas bekämpfen werden. Wir stehen an der Seite derjenigen, deren Klingelschilder und Häuser mit Davidsternen markiert wurden. Wir stehen an der Seite der Synagoge in der Berliner Brunnenstraße, auf die ein Brandanschlag verübt wurde. Wir stehen an der Seite der jüdischen Gemeinden und Einrichtungen, die gerade bangen, ob ihre Sicherheitskonzepte ausreichend sind. Wir stehen an der Seite aller Schüler*innen, die in der Schule Antisemitismus erfahren.

Liebe Anwesende, wir lassen Jüdinnen und Juden weder allein noch überlassen wir den Kampf gegen Antisemitismus den Betroffenen.

Vielen Dank!

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