Offener Brief an Kardinal Müller

Eure Eminenz Gerhard Ludwig Kardinal Müller,

eure Exzellenz Bischof Rudolf Voderholzer,

in einem Interview haben Sie, Kardinal Müller, der breiten Öffentlichkeit einen Einblick in Ihre Gedankenwelt gestattet. Ihre Auslassungen über die Hintergründe der Corona-Pandemie und die damit verbundenen angeblichen Ziele einer so wörtlich„finanzkräftigen Elite“ empfinden wir als schockierend.

Gerade bei einem ranghohen und prominenten Diener der katholischen Kirche hätten wir es nicht für möglich gehalten, dass dermaßen krudeund demokratiefeindlicheVerschwörungstheorienganz offen und ungehemmt zu Tage treten.Wer voneiner „Finanzelite“ oder „superreichen Eliten“ spricht, die „ihre Agenda“ umsetzen möchten, und dabei auch noch Georg Soros und Bill Gates erwähnt, bedient sich brandgefährlicher antisemitischer Chiffren.Sie vergessen oder schlimmer ignorieren dabei, dass es Menschen gibt, die den Aussagen eines Kardinals eine hohe Glaubwürdigkeit schenken. Der damit einhergehenden Verantwortung werden Sie leider nicht gerecht. Das ist schwer erträglich.

Es ist eine Binsenweisheit, dass wir Menschen unsere eigenen Fehler selbst oft am wenigsten erkennen. Umso wichtiger ist es, dass uns nahestehende Menschen helfen und die Hand reichen. Daher dürfen Sie, sehr geehrter Herr Bischof Voderholzer, an dieser Stelle nichtlänger öffentlich zum Treiben Ihres Vorgängers im Bistum Regensburg schweigen. Gerade in der Oberpfalz und in Niederbayernhaben die Aussagen von Kardinal Müller aufgrund seiner Biografie und Verbundenheit eine besonders verheerende Sprengkraft. Zugleich kommt den Kirchen in dieser Pandemie eine besondere Bedeutung zu. Für viele Menschen sind sie fester Ankerpunkt und geben Orientierung. Daher hoffen wir auf ein unmissverständliches Signal aus dem Bistum Regensburg. Sie dürfen nicht den fatalen Eindruck entstehen lassen, dass in der katholischen Kirche verschwörungsgläubige Aussagen unwidersprochen getätigt werden dürfen und damit die Glaubwürdigkeit der Kirche aufs Spiel setzen.Qui tacet, consentire videtur. Wer schweigt, scheint zuzustimmen.

Mit freundlichen Grüßen

Stefan Schmidt, MdB
Tina Winkelmann, MdB
Erhard Grundl, MdB
Marlene Schönberger, MdB

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