Jüdisches Leben früher und heute kennen lernen

Die grüne Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger hat die Ausstellung „Mehr als Steine. Synagogen in Unterfranken“ besucht. Diese hält Lehren für unsere Gegenwart bereit.

Der spätere Professor der Hydrobiologie Meier Schwarz konnte mit einem Kindertransport aus Nazi-Deutschland nach Palästina flüchten. Anlässlich einer Fachtagung kam er zurück und suchte in Nürnberg seine Synagoge, die er aus Kinderzeiten kannte. Er fand an der Stelle die Tankstelle eines Supermarktes – und nicht einmal einen kleinen Hinweis, dass hier früher ein jüdisches Gotteshaus gestanden hatte. Aus dieser Begebenheit entstand das Projekt, alle Synagogen in Deutschland zu dokumentieren, die während der Novemberpogrome 1938 zerstört, entweiht oder beschädigt wurden.

In Bayern wurde das Projekt im April letzten Jahres fertig gestellt. Insgesamt wurde in drei Bänden unter dem Titel „Mehr als Steine“ von 2007 bis 2021 eine umfassende Dokumentation von über 200 jüdischen Gemeinden erstellt, die um 1930 in Bayern existierten.

Zu den in den beiden letzten Bänden behandelten unterfränkischen Synagogen gibt es eine Ausstellung im Staatsarchiv Würzburg, die die grüne Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger besuchte. Sie wurde von der Kuratorin der Ausstellung „Mehr als Steine. Synagogen in Unterfranken“, Frau Dr. Cornelia Berger-Dittscheid geführt und erhielt viele zusätzliche Informationen aus dem reichen Wissensschatz von Frau Berger-Dittscheid.

„Diese Ausstellung zeigt mit ihren Bildern und Plänen aus den Beständen des Staatsarchivs Würzburg sowie den Beschreibungen der Synagogen sehr eindrücklich, dass jüdi- sches Leben integraler Bestandteil der Kultur in Bayern und selbstverständlicher Teil des gesellschaftlichen Lebens war. Sie verdeutlicht aber auch die ständige Bedrohung der Jüdinnen und Juden durch den Antisemitismus. Nach der brutalen Zerstörung der Synagogen, der Vertreibung und Vernichtung der jüdischen Ortsbewohner durch die deutschen Nationalsozialisten wurde die Erinnerung daran nach 1945 gerne verdrängt und vergessen. Aktuell müssen wir beobachten, dass Antisemitismus immer offener zu Tage tritt und jüdisches Leben bedroht. Darum ist es so unendlich wichtig, sowohl die Geschichte zu dokumentieren und zu erhalten, als auch das heutige jüdische Leben in Deutschland und Bayern dabei zu unterstützen sichtbar zu werden. Ebenso muss auch die Konsequenz sein, dass wir Jüdinnen und Juden und jüdische Institutionen angemes- sen schützen“, fasst Marlene Schönberger die Eindrücke ihres Besuches zusammen.

„Die Erinnerung an die früher so prächtigen Synagogen ist bis heute an vielen Orten verblasst und vergessen. Das Dokumentationsprojekt ‚Mehr als Steine‘ ist deshalb so wichtig, da es die Vielfalt des einst in den bayerischen Orten existierenden jüdischen Lebens und der jüdischen Gotteshäuser zeigt. Als Grundlage für die Erforschung der ehemaligen jüdischen Gemeinden und für die Rekonstruktion der verlorenen oder zweckentfremdeten Synagogen sind die staatlichen Archive eine unschätzbare Quelle“, erläutert die Kuratorin Frau Berger-Dittscheid.

Auch in Niederbayern und im Wahlkreis Rottal-Inn gibt es Spuren von jüdischem Leben. Die grüne Abgeordnete hat sich vorgenommen, diese kennenzulernen. „Es gibt sowohl mittelalterliche jüdische Gemeinden, Orte in denen nach 1945 jüdische Displaced Persons untergebracht waren und natürlich auch die nach der Schoa wieder neu entstandene jüdische Gemeinde in Straubing. Das alles wirkt sich auch auf unsere heutige Lebensweise in Niederbayern aus. Das will ich näher kennen lernen.“

Bildunterschrift: Die grüne Abgeordnete Marlene Schönberger (rechts) besucht die Ausstellung „Mehr als Steine. Synagogen in Unterfranken“ im Staatsarchiv Würzburg. Begrüßt wurde sie vom Leiter des Staatsarchivs, Dr. Alexander Wolz, und durch die Ausstellung geführt von der Kuratorin Dr. Cornelia Berger-Dittscheid.

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